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Hajo Seng: Struktur

Fraktale Einstieg polynomiale Fraktale exponentielle Fraktale


Der Begriff Fraktal wurde in den 1970er Jahren von Benoit Mandelbrot für Mengen eingeführt, die in der Regel eine nicht-ganzzahlige Dimension besitzen und Skaleninvarianz sowie Selbstähnlichkeit als Eigenschaften vorweisen. Skaleninvarianz heißt, dass das von der Gestalt des Fraktals nicht auf die Skala geschlossen werden kann, mit der ein Ausschnitt des Fraktals dargestellt wird. Selbstähnlichkeit meint etwas ähnliches, nämlich, dass das Fraktal immer kleiner werdende Kopien seiner selbst beinhaltet.

Iterierte Funktionensysteme

Anhand von Iterierten Funktionensystemen lässt sich sehr gut die Bedeutung fraktaler Strukturen in Hinblick auf das umreißen, was als Wirklichkeit wahrgenommen wird. Generell verblüffen Darstellungen fraktaler Strukturen manchmal damit, dass sie ungevermutet "natürlich" aussehen. In der Tat zeigt sich das Prinzip iterierter Funktionensysteme, das mehrfache Kopieren von Verkleinerungen, als ein Prinzip, dass dem biologischen Wachstum in der ein oder anderen Weise innewohnt. Es entspricht aber auch dem "Wachstum" von Sprachen, sodass es nicht verwundert, wenn sich etwa reguläre Sprachen, die den Programmiersprachen zu Grunde liegen, als fraktal strukturiert erweisen und als (unendliche) iterierte Funktionensysteme darstellen lassen. Sprachen, die ja quasi die Bühne für den Teil des Wirklichen bilden, der sich zwischen Menschen vermitteln lässt, unterliegen demnach denselben Grundstrukturen wie die Lebewesen, die sie benutzen und die biologische Umwelt, in der sie leben. Mit der Computertechnologie obendrein auch auch denen ihrer technologischen Umwelt. Das ist die Einheit der Wirklichkeit, die deren kollektive Erkenntnis überhaupt erst ermöglicht: Die Strukturgleichheit von Individuen (Lebewesen), (Interaktions-)Medium (Sprache) und Umwelt. In der Computertechnologie gibt es eine analoge "Einheit des Wirklichen", nämlich die von Physik (Computer/Halbleiter), (Programmier-)Sprache und Umwelt ("User").

Feigenbaumdiagramm

Feigenbaumdiagramme sind im Zusammenhang mit der logistischen Gleichung bekannt geworden, lassen sich aber auch durch andere Funktionalgleichungen darstellen. Sie stellen sozusagen eine temporale "Schichtröntgenaufnahme" eines Übergangs zwischen Ordnung und Chaos dar; wobei Ordnung und Chaos die Berechenbarkeit (Konvergenz) der zu Grunde liegenden Funktionalgleichung meint. Die logistischen Gleichungen sind Gleichungen, die ein gebremstes Wachstum modellieren, also Mechanismen, die biologischen Welten - inklusive ihrer Umwelten - zu Grunde liegen. Dass die Feigenbaumdiagramme eine universale Struktur darstellen, zeigt sich an einer auf den ersten Blick verblüffenden Eigenschaft: Dass sie zwei universelle Konstanten enthalten, die Feigenbaumkonstanten. Sie werden in der Regel mit δ und α bezeichnet und können nur iterativ bestimmt werden. Diese Konstanten treten überall auf, wo nicht-lineare Systeme zu Grunde liegen, die in bestimmten Parameterbereichen ein berechenbares, in anderen ein chaotisches Verhalten zeigen. Die Übergänge zwischen diesen "regulären" und chaotischen Parameterbereichen zeigen ein oszillierendes Verhalten, das durch die Feigenbaumkonstanten bestimmt ist. Im Wesentlichen sind alle physikalischen Prozesse durch nicht-lineare Gleichungen beschreibbar, sodass diese beiden Konstanten als Naturkonstanten verstanden werden können, die ihren fraktalen Charakter beschreiben.

Mandelbrot- und Juliamengen

Eine etwas andere Form der "Tiefensicht" als die Feigenbaumdiagramme stellen die durch Fluchtzeitalgorithmen dargestellten Mandelbrot- und Juliamengen dar. Die Tiefensicht zeigt sich hier nicht als "Zeitlinie", wie in den Feigenbaumdiagrammen, sondern in der Tiefe der zweidimensionalen Darstellungsebene selbst, als Farbe. Dadurch tritt in der Darstellung auch der Unterschied der Wahrnehmungsqulitäten in Erscheinung, der im Feigenbaumdiagramm fehlt. Tatsächlich stellen sowohl in der Mathematik als auch in der "restlichen" Welt das Glatte, Kontinuierliche auf der einen und das Fraktale auf der anderen zwei Aspekte dar, die zwei unterschiedlichen Perspektiven entsprechen. Der eine Aspekt stellt das bis zu einem bestimmten Grad angenäherte Fraktal instantan dar, der andere zeigt eine "Durchsicht" durch die zeitliche Entwicklung des Fraktals. Beides sind Aspekte der Zeit, die zugleich auch jeweils den Horizont dessen aufzeigen, was in der Zeit erscheint. Da eine sprachlich vermittelbare Wirklichkeit immer auch einen linearisierbaren Aspekt der Zeit beinhalten muss, verwundert es nicht, dass hier genau der Rand der Fraktaldarstellung eindeutig klar und eindeutig in der algorithmischen Beschreibung des Fraktals erscheint. Dagegen bleibt der Tiefenaspekt unscharf und wird erst durch willkürlich gesetzte Parameter im Bild fixiert.